2025: Schwieriges Jahr für den Schienengüterverkehr

2025: Schwieriges Jahr für den Schienengüterverkehr

Ein Gütertransport auf der Bahnstrecke Lissabon (Portugal) – Badajos (Spanien). Foto: Hermann Schmidtendorf
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Das langsam anlaufende neue Jahr 2025 wird für die Branche des Schienengüterverkehrs erneut anspruchsvoll. In Frankreich wird das staatliche Güterverkehrsunternehmen SNCF weitgehend privatisiert. Der staatlichen DB Cargo in Deutschland stehen Personal-Entlassungen bevor. Probleme mit der mangelhaften Schienen-Infrastruktur behindern in mehreren Ländern Europas den Schienenverkehr.

Mit einem „Koalitionsvertrags-Bingo“ trat im Januar 2022 in Deutschland die Vereinigung „NEE – Die Güterbahnen“  an die Öffentlichkeit. Der Berliner gemeinnützige Interessenverband der nicht-staatlichen Bahnunternehmen im Güterverkehr versprach eine „Win-Win-Situation“. Unter den Gewinnern des Spiels verloste das NEE eine „exklusive Mitfahrt auf einer Lokomotive auf einer offiziellen Strecke der Güterbahnen“. Doch gewinnen konnte nur, wer auf dem Bingo-Spielbogen möglichst viele Felder ankreuzt, um eine Reihe vollzumachen. Dabei bedeutete jedes ausgefüllte Kreuz: Die deutsche Regierung hat eine positive Entscheidung für den Güterverkehr auf der Schiene durchgesetzt. Unser Blog berichtete damals über das Thema.

Alles Bingo? Ausschnitt aus dem Tippbogen von 2022. Grafik: NEE

Alles Bingo? Ausschnitt aus dem Tippbogen von 2022. Grafik: NEE

Eine Gewinnzuteilung wird wahrscheinlich schwierig werden. Denn die Koalition der drei Parteien Sozialdemokraten, Grüne und Liberale zerbrach in Deutschland bereits im November 2024, also fast ein Jahr früher als erwartet. Auch durchkreuzte die Corona-Epidemie manche Pläne der Regierung. Da waren zum Beispiel die Forderungen: „Wettbewerbsfähige Industriestrompreise im Schienenverkehr“ und „Plan für den Ausstieg aus der Kohle in der Bahnstrom-Erzeugung bis 2030 liegt vor“. Die Regierung musste erst einmal die Basis der Energieerzeugung sichern, nachdem russisches Gas als Produktionsquelle wegen des russischen Ukrainekriegs weitgehend ausfiel.

„Neue gemeinwohlorientierte Bahninfrastruktursparte arbeitet gewinnfrei“: Tatsächlich wurde die vorherige Tochter der Deutschen Bahn DB Netz zur am Gemeinwohl orientierten DB InfraGo AG umgewandelt. Zwar gibt es weiter Kritik am Wirken dieser Gesellschaft. Doch ein wirklicher Schritt wurde erreicht. „Maut wird auch für Alternativen eingesetzt (Verkehr finanziert Verkehr)“ – auch dieser Punkt wurde erfüllt. Einnahmen aus der Nutzung von Autobahnen durch Lkw können in Deutschland jetzt auch für Schienenprojekte ausgegeben werden.

Eine schwere Belastung droht jedoch allen Schienenverkehrsunternehmen durch Preiserhöhungen für die Nutzung der Schienenwege. Die Güterbahnen sprechen sogar von einem „Preisschock“. DB InfraGo erläutert die Preiserhöhungen folgendermaßen:

„Um die inflationsbedingt gestiegenen Personal- und Instandhaltungskosten zu finanzieren, ist für die Netzfahrplanperiode 2024/2025 eine durchschnittliche Entgelterhöhung in Höhe von rund +6 % bzw. für den SGV von +16,2 % unvermeidbar. Wegen der gesetzlichen Regelung und Entscheidungen der BNetzA werden die Entgelte im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit nur +0,6 % gegenüber dem Vorjahr erhöht. Diese Deckelung der SPNV-Entgelte führt zu einer Entgeltsteigerung im Schienengüterverkehr (SGV) und Schienenpersonenfernverkehr (SPFV), die aus Sicht der DB InfraGO AG beide Marktsegmente überproportional belastet.“

Schienen-Infrastruktur wurde jahrelang vernachlässigt

1994 wurden durch eine Bahnreform die vorherige westdeutsche Bundesbahn und die Reichsbahn der untergegangenen DDR zur heutigen Deutschen Bahn AG zusammengeführt. Die entscheidenden Politiker*innen waren damals der irrigen Meinung, die neue DB könne ihre Kosten aus den Einnahmen des Betriebs selbst finanzieren. So wurde jahrelang zu wenig Geld in die Schieneninfrastruktur investiert.

Brücken und Schienenwege wurden jahrzehntelang vernachlässigt – dennoch soll ihre Nutzung teurer werden. Foto: Hermann Schmidtendorf
Brücken und Schienenwege wurden jahrzehntelang vernachlässigt – dennoch soll ihre Nutzung teurer werden. Foto: Hermann Schmidtendorf

Die letzten beiden deutschen Regierungen steuerten dagegen. Sie erhöhten die Ausgaben für die Bahn-Infrastruktur merklich. Doch die letzte Bundesregierung konnte nicht so viel Geld ausgeben, wie es nötig und geplant war. Dagegen sprachen Regelungen zu einer staatlichen „Schuldenbremse“, deren Einhaltung das Bundesverfassungsgericht anmahnte und die der liberale Finanzminister besonders restriktiv auslegte.

Durchschnittliche Erhöhung von mehr als 19 Prozent

Daher soll die DB benötigtes neues Geld vom Staat als zusätzliches Eigenkapital im Umfang von 4,5 Milliarden Euro bekommen und nicht als direkter Zuschuss aus dem Bundeshaushalt. Der Kapitalzuschuss kann noch merklich größer werden. Doch das hat für die Kostenstruktur des DB-Infrastruktur-Verwalters negative Effekte. InfraGo spricht von „zusätzlichen Kosten“: „Diese ergeben sich aus Abschreibung und Kapitalkosten und verursachen den Großteil der Gesamtkosten-Steigerung.“  Für die Eigenkapitalerhöhung muss die DB Zinsen an den Bund zahlen. Diese Zinsen muss wiederum die InfraGo aufgrund einer gesetzlichen Regelung erwirtschaften.

Derzeit  begrenzt eine Regelung im Regionalisierungsgesetz die Entgelterhöhung pauschal auf maximal 3 Prozent – eine faktische Entkoppelung von den tatsächlichen Kosten für Unterhaltung und Betrieb. Für 2025 wurde die Steigerung der Trassenpreise im SPNV von der Bundesnetzagentur sogar auf 0,6 Prozent begrenzt. Doch gegen diese Kostenbegrenzung klagt die DB. Ein erstes Urteil wird für das dritte Quartal 2025 erwartet.

Bahnbranche: „Weniger Eisenbahn für mehr Geld!“

In Erwartung eines für sie positiven Urteils beantragt DB InfraGO für 2026 bei der zuständigen Bundesnetzagentur erneute drastische Steigerungen der Trassenpreise gegenüber 2025: 23,5 Prozent für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), 10,1 Prozent für den Schienen-Personenfernverkehr (SPFV) sowie 14,8 Prozent für den Schienengüterverkehr (SGV). Das entspricht einem Durchschnitt von 19,1 Prozent.

Die Eisenbahn-Branche fürchtet bei solch exorbitanten Steigerungen der Transportkosten, dass Kundschaft im Personen- und Güterverkehr auf die Straße ausweicht. Dann würde das Gegenteil von der erwünschten ökologischen Verkehrswende die Folge. So erklärte die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Bahnindustrie Sarah Stark: „Es droht, weniger Bahnverkehr für mehr Geld zu geben. Umso wichtiger ist also, dass die Bundesregierung jetzt ein Moderne-Schiene-Gesetz auf den Weg bringt, um mit einem Schienenfonds eine planungsfeste, überjährige Finanzierungsarchitektur zu schaffen.“

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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