ELL stellt bis zu 200 weitere SIEMENS Vectron-Lokomotiven in Dienst

ELL stellt bis zu 200 weitere SIEMENS Vectron-Lokomotiven in Dienst

Photo Siemens
Mit einem Paukenschlag geht die European Locomotive Leasing Group (ELL) in den letzten Monat des Jahres 2023. Am 30. November unterzeichnete das in Wien ansässige Unternehmen mit Siemens Mobility (München) einen Rahmenvertrag über die Lieferung von bis zu 200 weiteren Vectron Lokomotiven. Es werden Loks in verschiedenen Stromsystem-Ausstattungsvarianten beschafft, die sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr eingesetzt werden können.

Insgesamt 60 Fahrzeuge werden sofort bestellt und sukzessive ab dem Jahr 2025 ausgeliefert. Die nun insgesamt vierte Rahmenvereinbarung ist eine Vertiefung der langjährigen Partnerschaft der beiden Unternehmen ELL und Siemens Mobility: Bis zum Jahr 2027 wird ELL zumindest 301 Siemens Vectron Loks und damit die größte europäische Vectron-Flotte betreiben. Mittelfristig bietet die Vereinbarung, die Möglichkeit die ELL-Flotte auf mehr als 400 Vectron aufzustocken.

„Für ELL ist das ein Meilenstein in der Unternehmensentwicklung. Unser Ziel ist die Marktführerschaft im Bereich Kundenfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Effizienz auszubauen!“
Bei der Vertragsunterzeichnung. In der Mitte von links: Tanja Kienegger, CEO Siemens Mobility Austria, ELL-CEO Christian Kern und Albrecht Neumann, CEO Rolling Stock Siemens Mobility. Foto ELL/Markus Schieder

Das erklärte der ELL-CEO Mag. Christian Kern bei der Unterzeichnung des Vertrags. „Wir sind von der Zukunft der Bahn überzeugt. Überlegene Klimafreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit auf den langen internationalen Achsen sowie der Strukturwandel im Bahngüterverkehr machen das Full-Service-Leasing von Loks zu einem hochattraktiven Zukunftsgeschäft. ELL verfolgt dabei eine konsequente Zero-Emission-Strategie. Unsere wichtigsten Assets sind eine fokussierte Flottenpolitik und ein umfassendes Servicenetzwerk an mehr als 30 europäischen Standorten. Die Entwicklungspartnerschaft mit Siemens und die Konzentration auf einen einheitlichen Loktyp sind für uns ein wichtiger Baustein, um sich in diesem Markt erfolgreich zu behaupten.“

Albrecht Neumann, CEO Rolling Stock von Siemens Mobility, unterstrich:

„ELL setzt schon seit vielen Jahren auf die Zuverlässigkeit und Qualität unserer Vectron-Lokomotiven. Der neue Rahmenvertrag leistet einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz und unterstreicht erneut die Leistungsfähigkeit unserer Lok-Plattform.“

Auch für die österreichische Siemens-Dependence ist der Vertrag ein äußerst erfreuliches Ereignis, unterstrich Tanja Kienegger, CEO Siemens Mobility Austria:

„’Vectron’ verbindet ausgereifte moderne Technik mit betrieblicher Flexibilität und ist daher für den Einsatz in ganz Europa bestens geeignet. Wir unterstützen engagierte Bahnen wie ELL intensiv dabei, ihre Ziele zu erreichen. So leisten wir auch einen Beitrag, um mehr Verkehr von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern sowie unser Klima besser zu schützen.“

Über optionale Zusatzpakete kann ELL die Fahrzeuge zielgenau und zukunftssicher für konkrete Anforderungen und spezielle Einsatzgebiete ausrüsten. Es wurde vereinbart, dass Siemens Mobility ELL tatkräftig beim weiteren Kompetenzaufbau rund um den Fahrzeugbetrieb, bei der Instandhaltung und auch bei der Fahrzeugwartung unterstützen wird.

Bahnhof Berlin-Spandau: Eine für die tschechische Staatsbahn ČD fahrende ELL-Lokomotive. Foto Hermann Schmidtendorf

Europäischer Leader Vectron

Bereits mehr als 2200 Loks aus der Vectron-Familie wurden an 95 Kunden verkauft, insgesamt wurden mehr als 850 Millionen Flottenkilometer absolviert. Die Lokomotiven wurden in 20 europäischen Ländern zugelassen. Der Vectron wird in unterschiedlichen Ausstattungsvarianten im Siemens Mobility Werk in München-Allach gebaut und wurde erstmals im Jahr 2012 ausgeliefert.

Unsere Redaktion hatte kurz vor dem Abschluss der neuen Vereinbarung das Vergnügen, ein ausführliches Interview mit dem ehemaligen Bundeskanzler der Republik Österreich und jetzigen ELL-CEO Mag. Christian Kern an seinem Wiener Firmensitz zu führen. Dabei erläuterte der Gesprächspartner die Bedeutung der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der eingesetzten Vectron-Lokomotiven:

„Wir haben Kunden in 16 verschiedenen Ländern, die die großen Korridore bedienen, und dort ist auch das Wachstum zu Hause. Wir dürfen ja nicht vergessen, wir haben eigentlich seit dem letzten Quartal 2022 im Gefolge der Pandemie im internationalen Handel ein negatives Wachstum, und das manifestiert sich dann im Güterverkehr besonders im Intermodal-Bereich. Trotzdem ist es uns gelungen, 100 Prozent unserer Flotte zu vermieten, weil die Service Proposition, die wir den Kunden bieten, so überzeugend ist, dass die Kunden sagen: Okay, in der Krise verzichte ich auf alles Mögliche, aber nicht auf die ELL-Loks.“ Weiter betonte CEO Kern:

„Bahngüterverkehr ist ein zyklisches Geschäft. Wir haben jetzt schwere Tage, aber wir wissen, dass das mit einem riesigen Tempo wieder zurückkommen wird. Das war die Erfahrung der vergangenen Jahre. Dann wird es wieder einen massiven Engpass an Lokomotiven am Markt geben. Und darauf bereiten wir uns vor, damit wir mit unseren Kunden hier weiterwachsen können, auch in der Zukunft, über 2025, 2026 hinaus.“

Das Interview wird in unserem Magazin rail & mobility (r&m) sowie in der Schwesterpublikation CARGO FREIGHT JOURNAL (CFJ) Anfang 2024 erscheinen.

ELL-Chef Christian Kern im Interview mit unseren Magazinen

Bereits veröffentlicht ist ein anderer Teil des Interviews. Als Elder Statesman der Republik Österreich nimmt Mag. Kern auch die Funktionen des Präsidenten des vom Unternehmerverband CEATEC (China Europe Association for Technology and Economic Cooperation) ins Leben gerufenen European China Business Councils und des Präsidenten des Kuratoriums der Austrian Chinese Business Association wahr. Das Interview ist in der aktuellen Ausgabe des CARGO FREIGHT JOURNAL in englischer Sprache nachzulesen. Die deutschsprachige Version wird ebenfalls demnächst in r&m erscheinen. Darin äußert Mag. Kern unter anderem:

„Was die Beziehungen zu China betrifft: In der Tat ist das auch ein schwieriges Verhältnis, das im Moment auf verschiedenen Ebenen diskutiert wird. Aber wenn wir uns kurz umschauen, müssen wir sagen, wir haben den Konflikt mit Russland, wir haben Auseinandersetzungen im nahen Osten. Wir sehen, dass viele Wirtschaften immer protektionistischer werden, wenn Sie etwa an Indien denken oder auch an die Vereinigten Staaten. Und wir in Europa haben das Problem, dass wir gerade unser Geschäftsmodell verlieren, günstige Rohstoffe aus dem Osten mit hochqualifizierter Arbeit und Technologie zu verbinden und auf den Weltmärkten zu reüssieren.

Mag. Christian Kern (links) im Gespräch mit CFJ-Chefredakteur Hermann Schmidtendorf. Foto CFJ

In dieser Situation müssen wir uns natürlich fragen, können wir uns einen weiteren Konflikt erlauben? Ich bin davon überzeugt, dass das nicht der Fall ist und dass wir keine feindselige Haltung gegenüber China verkraften würden, weil das unsere Kräfte und Möglichkeiten an den Rand des noch Machbaren führt. Und wenn wir auch den Wohlstand als Grundlage für unsere Demokratie sehen, dann glaube ich, wir haben ein großes Anliegen, hier nüchtern, vernünftig und mit Augenmaß die Beziehungen zu China zu ordnen. Das muss keine Euphorie sein, aber Feindseligkeit würde uns mit Sicherheit in einen Graben führen.“

Magister Kern plädiert für eine realistische, pragmatische, auf Konsens ausgerichtete Vorgehensweise zur Lösung der anstehenden wichtigen Aufgaben. Darin spielt die Eisenbahn als ökologisches Fortbewegungsmittel eine wichtige Rolle:

„Wir wissen ja, dass wir unsere green deal-Ziele, unsere Strategien zur Klimarettung, nur erreichen können werden, wenn wir den Verkehr sauberer machen. Das ist der einzige Sektor, der seit 1990 in Europa wachsende CO2-Emissionen aufweist. Wir haben da wirklich ein Problem. Wir haben alle unsere Ziele nicht erreicht. Und ich weiß ganz genau, dass auch in China der Klimawandel als große Herausforderung gesehen wird. Bei aller Diskussion über neue Kohlekraftwerksblöcke dort darf man nicht übersehen, China ist mittlerweile Marktführer im Bereich erneuerbarer Energien, Elektroautos, aber auch von Batteriespeichern.

Das heißt, da gibt es viele Anknüpfungspunkte, da gibt es gemeinsame Interessen. Und diese Auseinandersetzung, diesen Kampf gegen den Klimawandel, werden wir nur gemeinsam erreichen und nicht gegeneinander. Die Bahn ist da aus meiner Sicht ein entscheidendes Mittel, um das zu erreichen. Und vor diesem Hintergrund, glaube ich, würde es wirklich lohnen, in diese Initiativen zu investieren. Da gibt es Interesse auf chinesischer Seite, da gibt es auch großes Interesse auf europäischer Seite. Da wird das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft.“

 Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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