Deutschland: Masterplan soll Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur beschleunigen

Deutschland: Masterplan soll Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur beschleunigen

Schnell, einfach, flächendeckend und zugänglich für Alle soll die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland werden. Bild: Hermann Schmidtendorf
„Der Masterplan Ladeinfrastruktur II schafft die Grundlage für eine flächendeckende, bedarfsgerechte und nutzerfreundliche Pkw- und Lkw-Ladeinfrastruktur“, betonte am 19. Oktober der deutsche Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing. Und der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck erklärte: „Die Ladeinfrastruktur muss systemdienlich in das Stromnetz integriert werden. Eine interministerielle Steuerungsgruppe wird die weiteren Arbeiten koordinieren."

Das Bundeskabinett beschloss 68 Maßnahmen für den schnelleren Aufbau der Ladeinfrastruktur. An der Entwicklung der Pläne waren unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums etwa 80 Akteure, darunter Bundesländer, Kommunen, Verbände und Unternehmen, beteiligt.

Die Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums DVF Dr. Heike van Hoorn schätzt das neue Konzept positiv ein: „Die Elektromobilität ist der Kernbaustein für den Klimaschutz im Straßenverkehr. Entscheidende Voraussetzung ist der schnelle und flächendeckende Ausbau der Ladeinfrastruktur. Darum begrüßen wir die Weiterentwicklung des Masterplans sehr.

Allerdings besteht bei wichtigen Maßnahmen Zeitverzug, etwa bei der Vorbereitung auf den elektrifizierten Lkw-Fernverkehr, der Flächenbereitstellung, der Verfügbarmachung von Echtzeitdaten und problemfreien Bezahlverfahren. Die Gründe dafür liegen nicht zuletzt in der komplexen Regulierung, den fragmentierten Zuständigkeiten und dem uneinheitlichen Vollzug bei Netzanschlüssen, Zulassungsanforderungen und technischen Anschlussbedingungen. Diese Themen müssen jetzt mit Nachdruck angegangen werden.“

Gleich am Anfang trifft der Masterplan (LINK: www.bmdv.bund.de/masterplan-ladeinfrastruktur-2) bemerkenswerte Feststellungen, die vielen Bürger*innen Balsam für die Seele sein dürften: „Im Mittelpunkt der Gesamtstrategie der Bundesregierung steht somit die Nutzerfreundlichkeit. Das Zielbild des Masterplans II besteht in der Errichtung eines Ladeinfrastruktur-Gesamtsystems, welches den elektrischen Straßenverkehr für alle Nutzergruppen möglich macht. In Zukunft soll das Laden ein ebenso einfacher wie selbstverständlicher Vorgang sein, wie es das Tanken heute ist.“

Der Plan fordert einen diskriminierungsfreien Zugang an allen öffentlichen Ladepunkten für die Nutzerinnen und Nutzer. Für die Akzeptanz sei es von größter Bedeutung, dass noch verbleibende Unsicherheiten in Bezug auf den Ladevorgang an den Ladepunkten beseitigt werden – angefangen bei der Suche nach einem freien öffentlich zugänglichen Ladepunkt und der erwartbaren Ausstattung des Ladeortes über die Authentifizierung und das Starten des Ladevorgangs. Hierzu zählen insbesondere Systeme zur automatischen und nutzerfreundlichen Authentifizierung und Bezahlung von Ladevorgängen, die den Nutzerinnen und Nutzern vertragliche Wahlmöglichkeiten lassen, bis hin zur Preistransparenz, zur Abrechnung und zur Barrierefreiheit.

Etwa 70.000 Ladepunkte in Deutschland

Öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge müssen technische Mindestanforderungen einhalten. Um die Einhaltung dieser Anforderungen gemäß der Ladesäulenverordnung  mit den neuesten Änderungen vom 1. Januar 2022 überprüfen zu können, sind die Betreiberinnen und Betreiber zur Anzeige ihrer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur bei der Bundesnetzagentur verpflichtet. Diese kann gemeldete Ladepunkte mit Einwilligung des Betreibenden auf einer „Ladesäulenkarte“ veröffentlichen. Auf diese Weise gibt es zumindest einen ungefähren Überblick, in wieweit Deutschland für das Aufladen von Elektro-Pkw und Lkw eingerichtet ist.

Insgesamt sind der Bundesnetzagentur 57.231 Normalladepunkte und 11.044 Schnellladepunkte gemeldet worden, die am 1. September 2022 in Betrieb waren.

Diese Angaben, so die Bundesnetzagentur, enthalten Meldungen aus noch nicht abgeschlossenen Anzeigeverfahren und von Betreibern, die einer Veröffentlichung ihrer vollständigen Daten nicht zugestimmt haben. Beteiligt an den Ausbauplänen ist Johannes Pallasch, Sprecher der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Pallasch kommentierte den neuen Masterplan so: „Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Integration der Ladeinfrastruktur ins Stromnetz und die Digitalisierung des Gesamtsystems sind nur einige der Herausforderungen, die es anzugehen gilt. Der Masterplan Ladeinfrastruktur II gibt hierfür den Fahrplan vor. Als Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur unterstützen wir die Umsetzung der Maßnahmen unter anderem mit unserer Bedarfsplanung und unseren digitalen Tools.“

Integration, Digitalisierung, Vereinfachung , Beschleunigung

Mit Hilfe der Bedarfsplanung der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur sollen der Ausbau von Ladeinfrastruktur und Stromnetz optimal und vorausschauend aufeinander abgestimmt werden, heißt es im Verkehrsministerium: „Mit der Bundesnetzagentur sowie den Netz- und Ladeinfrastrukturbetreibern werden die Prozesse für den Netzanschluss einfacher, transparenter und effizienter organisiert. Neben der Beschleunigung von Prozessen ist das oberste Ziel, die Netze für die wachsenden Anforderungen zu rüsten.“

Insgesamt soll das Laden von Millionen zusätzlicher Elektroautos sichergestellt werden. Gestrichen wurde aus dem ersten Masterplan die Formulierung, wonach ein Programm für die Förderung eines Pakets aus PV-Anlage, Zwischenspeicher und einer steuerbaren und idealerweise bidirektionalen Wallbox angestrebt werde. Jetzt heißt es, bis Anfang 2023 sei zu prüfen, wie die Nutzung selbst erzeugten erneuerbaren Stroms für das eigene Elektrofahrzeug bzw. die eigene Elektrofahrzeug-Flotte beim Ausbau privater Ladeinfrastruktur am wirksamsten ermöglicht werden kann”.

Die Regierung wolle, so Minister Wissing, Anreize zur dezentralen Energieerzeugung setzen“. Im Idealfall sollten Besitzer von Photovoltaikanlagen den damit erzeugten Strom kostenfrei zum Laden des eigenen Fahrzeugs nutzen können. Bislang muss der Eigenverbrauch in Deutschland in vielen Fällen versteuert werden.

Im Rahmen der Digitalisierungsstrategie sollen künftig Daten wie der Belegungszustand von Ladepunkten in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden, heißt es weiter: „Außerdem wird sichergestellt, dass die Planung des Ladeinfrastrukturaufbaus auf der Basis solider Daten und Analysen über die Verteilung und Nutzung der Ladepunkte erfolgt.“ Dazu sollen erstmals auch private, nichtöffentliche Ladepunkte erhoben und einbezogen werden.

An die Kommunen gerichtet ist ein Unterstützungspaket zur Planung, Umsetzung und Finanzierung von Ladeinfrastruktur. Dazu gehören unter anderem lokale Masterpläne, regionale Ladeinfrastrukturmanager, digitale Beratungs- und Schulungsinstrumente sowie Leitfäden und Muster zur Optimierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen.

Da der batterieelektrische Lkw sowohl regional als auch auf der Langstrecke verstärkt zum Einsatz kommen soll, soll dafür ebenfalls zeitnah eine passende Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. „2023 wird das BMDV ein initiales öffentliches Lkw-Ladenetz ausschreiben“, verkündet das deutsche Verkehrsministerium. Mit einem eigenen Maßnahmenbündel adressiert der Masterplan weitere Herausforderungen bei Errichtung und Betrieb von Ladeinfrastruktur für E-Lkw, z.B. auf privaten Betriebsgeländen oder bei der Abgabe von Strom an betriebsfremde Fahrzeuge.

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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