Siemens festigt seine Position als „SAP für die Eisenbahn“

Siemens festigt seine Position als „SAP für die Eisenbahn“

In der Produktionshalle von Siemens Braunschweig für Leiterplatten. Bilder (6): Hermann Schmidtendorf
Die Stadt Braunschweig ist ein traditionsreiches Industriezentrum im Nordwesten Deutschlands. In direkter Nachbarschaft zum Hauptbahnhof liegt ein großes Forschungs- und Produktionswerk des Konzerns Siemens mit 3.500 Beschäftigten. Es ist der größte Siemens-Standort für Bahnautomatisierung weltweit.

Auf einer Pressepräsentation am 5. Juli 2022 stand jedoch ein anderes Thema im Mittelpunkt. Ein großes Aufgebot an hochrangigen Führungspersonen führte in das Thema ein, das auch den Auftritt von Siemens Mobility auf der diesjährigen Messe Innotrans dominieren wird. Das Leitmotiv heißt: Destination Digital.

Michael Peter, CEO von Siemens Mobility

Michael Peter, CEO von Siemens Mobility: „Der Slogan, den wir hier geschaffen haben, ist „SAP for rail“. Wir wollen unseren Kunden, aber auch den Fahrgästen Betriebssysteme geben, um den Zug grundsätzlich effektiver zu nutzen.“

Michael Peter sieht den wesentlichen Unterschied zu den Mitbewerbern in der Eisenbahn-Industrie darin, dass Siemens ein Industriekonzern ist. Dadurch entstehen auch im Digitalbereich an vielen Stellen des Unternehmens Lösungen, die sich auch im Mobilitätsbereich nutzen lassen. Dazu wurden jetzt wichtige weitere Spezialunternehmen akquiriert und in einem eigenen Bereich “Mobility Software” zusammengefasst.

Johannes Emmelheinz, CEO Customer Services Siemens Mobility

Johannes Emmelheinz, CEO Customer Services Siemens Mobility, präsentierte einige digitale Use Cases aus dem Mobility-Bereich: „2018 hatten wir den ersten vollwertigen digitalisierten Servicebetrieb. Das war wirklich ein Meilenstein. Die Züge erstellen Arbeitsaufträge direkt in unserem Live-System.“

Eingeladen zu der Präsentation waren auch Journalisten aus Belgien, Österreich, Großbritannien und Polen. Welche Eindrücke hatten sie? Michał Szymajda, Redakteur der führenden Bahnzeitschrift Rynek Kolejowy, empfand es als eine „großartige Gelegenheit“, über Neuigkeiten aus der weit gefassten Digitalisierung und den damit verbundenen Angeboten von Siemens informiert zu werden. In Polen und sicher auch vielen anderen Ländern sei bei Entscheidungsträgern noch längst nicht bekannt, welche großartigen technologischen Entwicklungen in der letzten Zeit gemacht wurden.

„Entscheidungsträger in Polen haben das Problem, dass sie öffentliche Verkehrsmittel nicht nutzen“, ist sich Szymajda sicher. „Sie wissen nicht, welche Probleme die Fahrgäste sowohl im internationalen als auch im Fernverkehr oder in städtischen Gebieten plagen. Es gibt Städte in Polen, es gibt ganze Agglomerationen wie die Region Gdańsk-Gdynia-Sopot, wo der Kauf einer einzigen Einzelfahrkarte für einen Zug, Bus oder Trolleybus immer noch ein Problem darstellt.

Auf dieser Konferenz sehen wir deutlich, dass es technologisch kein Problem ist, ein Ticket zu erstellen, das generiert wird von einer einzigen Anwendung, das für alle Verkehrsmittel gültig wäre. Auch hier in Braunschweig wird viel über das deutsche 9-€-Ticket geredet. Dies ist ein unendliches Thema. Wir haben uns zusammen mit meinen Kollegen von meiner Redaktion in Polen gefragt, ob so ein Ticket, ein Billigticket, in Polen sinnvoll wäre. Wir kamen schnell zu dem Schluss, nein – weil es in Polen kein integriertes Angebot von Bahn, Bus, Trolleybus und Fahrrad gibt. Wir können es nur weiterentwickeln, wir haben in Polen noch viel zu tun.“

Bart van Munster, CEO Sqills

Im letzten Jahr ergänzte Siemens Mobility seinen Software-Sektor um den niederländischen Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS)-Lösungen für Bestandsmanagement, Reservierung und Fahrkartenkauf Sqills. Die jüngste Akquisition ist das französische Unternehmen Padam. Es bietet On-Demand- und Paratransit-Softwarelösungen an. „Wir haben festgestellt, dass der Branche ein konfigurierbares Standardprodukt für die Online-Buchung von Zugtickets fehlt“, berichtete Sqills-CEO Bart van Munster über die Anfänge seines Unternehmens.

„Es war, damals sehr schwierig, zum Beispiel ein Ticket für den Eurostar zu buchen. Und die Idee war geboren, eine standardmäßig konfigurierbare Softwarelösung für Buchungsprodukte zu entwickeln. Und das haben wir getan. Wir haben mit der Entwicklung des S3 Passenger begonnen. Schritt für Schritt begannen mehr Kunden, es zu nutzen. S3 Passenger ist eine Software-as-a-Service-Plattform für Bestandsverwaltung, Sitzplatzreservierung und Ticketverteilung für Fernbahn- und Busbetreiber. Inzwischen arbeiten wir für 35 Betreiber auf der ganzen Welt.“

 „Unsere Kundengemeinschaft ist derzeit eine schöne Mischung aus etablierten staatlichen Unternehmen, großen Betreibern, aber auch Neueinsteigern wie iryo in Spanien und Itabus in Italien. Das beweist, dass das Produkt in der Lage ist, Aufgaben aller Arten von Verkehrsunternehmen mit nur einer Codebasis zu handhaben.“

Michael Frankenberg, CEO Software Siemens Mobility

Den vorläufigen Abschluss der Neustrukturierungen bei Siemens Mobility bildete die Zusammenfassung der verschiedenen Unternehmen zur Einheit „Software Siemens Mobility“. Den Posten des CEO übernahm Michael Frankenberg, der bereits CEO des zu Siemens gehörenden Unternehmens HACON ist. Gegenüber dem CARGO-MANAGER gab Frankenberg ein Beispiel für neue digitale Möglichkeiten:

 „In London gibt es die sogenannte Oyster Card für Dauerkunden. Um sie zu nutzen,  braucht man viel Infrastruktur, weil man halt mit einer Karte oder mit dem Smartphone sich an einem Gerät physikalisch einchecken muss. Das kann das Smartphone heutzutage aber auch alleine.“

Man sieht: Es gibt viele Möglichkeiten, um den umweltfreundlichen Schienenverkehr zu fördern. Die Hersteller neuer Lösungen müssen jetzt die Entscheidungsträger erreichen und überzeugen, dass die Neuerungen in allen Situationen sicher funktionieren und echte Vorteile bringen.

Andre Rodenbeck, CEO Rail Infrastructure Siemens Mobility

Einfacher ist das natürlich bei Angeboten der Signaltechnik, die schon seit vielen Jahren im Einsatz sind. Denn diese, so unterstrich der Braunschweiger Gastgeber Andre Rodenbeck, CEO Rail Infrastructure Siemens Mobility, verlieren natürlich nicht ihre Bedeutung:

„Wir haben eine riesige Produktpalette von sehr, sehr alten traditionellen Produkten bis hin zu den neuesten Produkten. Aber wir elektrifizieren auch die Eisenbahnen seit mehr als 100 Jahren. In Deutschland gibt es den Ehrgeiz, zu 70% Elektrifizierung zu kommen, was eine riesige Aufgabe für sich ist. Aber all diese Elektrifizierung für die Schiene kommt auch von uns.“

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

Wir haben auch einen ausführlichen Film in englischer Sprache über die Veranstaltung produziert, schauen Sie ihn sich an! Der Link: https://youtu.be/J8CbfbHQf8Q

 

Share on xing
Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on whatsapp
Share on print

Andere Beiträge, die Sie interessieren könnten