Ukraine sprengt Gleise nach Russland, Tschechien schickt Munition per Bahn

Ukraine sprengt Gleise nach Russland, Tschechien schickt Munition per Bahn

Dieses Foto eines Militärzugs beim Ausladen in der Ukraine veröffentlichte das tschechische Verteidigungsministerium. Bild: Armáda ČR/Twitter
Auch am vierten Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine sind die Eisenbahnen stark involviert. Die Ukrainische Staatsbahn sprengte alle Gleisverbindungen nach Russland. Aus Tschechien erreichte die Ukraine ein Zug mit Munition.

Eine große Rolle spielen bei den Kriegshandlungen auch die sozialen Medien. Auf Telegram veröffentlichte der Berater des Ukrainischen Innenministers Anton Geraščenko am 26. Februar 2022 um 22:05 Uhr das Foto einer Mitteilung, die ein anonymer Beobachter offenbar per Handy schickte. Das von Geraščenko  veröffentliche Foto der Meldung auf einem Smartphone zeigt die Uhrzeit 19:54 Uhr. „Info 100%“, heißt es darin. „Am Bahnhof Nizkovka … kam ein Militärzug mit Diesel aus der RF (Russische Föderation, die Redaktion) mit 56 Kesselwagen an. Hierhin fahren alle ihre Kraftstoff-Transporter von der Armeeabteilung, die durch Černigov fährt… Hier steht der Militärzug jetzt. Helft, die Info weiterzugeben!“

Ein Zug mit Diesel wird gesprengt…

Durch diese Smartphone-Meldung eines Bürgers soll die ukrainische Armee einen russischen Zug mit Kesselwagen auf ihrem Territorium aufgespürt haben, Bild: Anton Geraščenko/Telegram

Offenbar kam die Meldung schnell bei der ukrainischen Armee an. Der Leiter des Innenministeriums vermeldete: „Unsere Artilleristen haben auf der Station gearbeitet und eine Staffel mit mehr als 3.000 Tonnen Treibstoff für die Besatzungsarmee gesprengt! Augenzeugen berichten, dass es auf dem Gelände der Station ein Feuermeer gibt!“

Ein Feuermeer gab es offenbar auch in der Nacht zum Sonntag, und zwar in Vasylkiv in der Nähe von Kiev. Gegen 1 Uhr nachts Ortszeit bombardierten russische Armeekräfte nach Mitteilung der Agentur Ukrinform das in der Stadt gelegene Treibstofflager des Tankstellenunternehmens KLO. Da gleichzeitig Kämpfe um den lokalen Flugplatz der Stadt stattfanden, war eine Löschung des Feuers nicht möglich. Allerdings konnten Eisenbahner offenbar einen gerade befüllten Zug mit 23 Kesselwagen Diesel vor dem Feuer retten. Die Ukrainische Eisenbahn dankte „dem Lokführer und dem Zugpersonal für den Mut und eiserne Nerven“.

…und ein anderer Zug mit Kesselwagen gerettet

Ebenfalls am Samstag hatte der Sprecher der Luftstreitkräfte Juryi Ignat um 19 Uhr in einer Fernsehansprache berichtet: „Die Besatzung des unbemannten Luftfahrzeugkomplexes Bayraktar TV-2 (also eine Drone, die Redaktion) arbeitete blitzschnell und zerstörte eine ganze Eisenbahnstaffel mit feindlichem Treibstoff und Schmiermitteln.“

Nach dem Entdecken des russischen Treibstoff-Zuges hat die Ukrainische Eisenbahn offenbar alle Bahnverbindungen zu Russland gesprengt. Dazu veröffentlichte sie auf ihrer Webseite: „Ukrzaliznycja hat alle Beziehungen und Interaktionen mit den Russischen Eisenbahnen beendet. Wir haben den Eisenbahnen der Russischen Föderation Frieden angeboten und ein Ende des Kriegs angeboten, aber sie haben weiterhin Panzer und andere militärische Ausrüstung in die Ukraine und an ihre Grenzen gebracht. Eisenbahnübergänge zwischen Ländern, die früher Tausende von Waren transportierten und Millionen von Dollar in die Wirtschaft beider Länder brachten, wurden zerstört. Auch die Dispatcher-Kommunikation  mit der Russischen Föderation wurde ausgesetzt. Die Bitte der RZD, sich wieder mit Ukrzaliznycja zu verbinden, hatte nichts mit einer humanitären Mission zu tun, es war ein vergeblicher Versuch, die Lieferung von militärischer Ausrüstung wieder aufzunehmen.“ Gleichzeitig rief die Leitung der Ukrainischen Eisenbahn die Eisenbahner Russlands auf, alle Militärtransporte zu „boykottieren“: „Uns vereint die eine Eisenbahn und das Streben zum Frieden.“

Tschechen kündigen weitere Militärzüge an

Am 27. Februar veröffentlichte das Verteidigungsministerium der Tschechischen Republik auf seinem Twitter-Account Fotos, die einen Militärtransport mit Munitionskisten und deren Umladung auf militärische Straßenfahrzeuge zeigen. Im Post von 13:04 Uhr heißt es: „Der Zug mit Militärausrüstung und Munition für die Ukraine wird schon am Bestimmungsort ausgeladen. Ein nächster Zug wird schon vorbereitet.“ In einem weiteren Tweet schreibt das Ministerium, es seien derzeit Lieferungen von Militärausrüstung für 25 Millionen Euro genehmigt: „Wir arrangieren es, bringen  und übergeben es – damit ist die Ukraine nicht allein.“ Derweil fahren weitere Evakuierungszüge für die Zivilbevölkerung zu den Nachbarländern im Westen. Auch die Deutsche Bahn hat angekündigt, vor dem Krieg flüchtende Ukrainer*innen könnten kostenlos per Bahn nach Deutschland kommen.

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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