DB Schenker plant mit Volta Zero-Trucks klimafreundliche Urbanverkehre

DB Schenker plant mit Volta Zero-Trucks klimafreundliche Urbanverkehre

Schon durch die verglaste Kabine etwas Besonderes: der Volta Zero-Truck. Bild: DB Schenke/Christian Huhn
Er sieht schnittig aus, der Volta Zero – eher wie ein Bus ohne Passagierfenster denn wie ein Truck. Jetzt soll das Fahrzeug dem Logistiker DB Schenker bei seiner umweltfreundlichen Klimastrategie zur Seite stehen.

Ende November 2021 bestellte DB Schenker gleich 1.470 Exemplare des weltweit ersten vollelektrischen 16-Tonnen-Nutzfahrzeugs, das speziell für den innerstädtischen Warenverkehr entwickelt wurde. Im Frühjahr und Sommer dieses Jahres will DB Schenker den ersten Prototypen des Volta Zero unter realen Verteiler-Bedingungen einsetzen. Die Testerfahrungen fließen dann in die Serienproduktion ein. 

Das junge Startup Volta Trucks wurde 2017 in Schweden von Carl-Magnus Norden und Kjell Waloen gegründet. Im Fokus stehen Entwicklung und Konstruktion von Lastwagen, die vor allem im Verteilverkehr auf der „letzten Meile“ zum Einsatz kommen und diese Transporte durch Batterie-Antrieb klimaschonend gestalten. Bis 2025 kündigt das Unternehmen vier Elektro-Lkw-Modelle für 7,5 über 12 und 16 bis 19 Tonnen an. Damit könnte dann auch schwerer Überland-Verkehr bewältigt werden. Derzeit werden Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien mit einer Kapazität von 150 bis 200 Kilowattstunden eingesetzt, die Reichweiten zwischen 150 und 200 Kilometern möglich machen. 

Mit Volta zur CO2-freien Last Mile

Der Kontakt der schwedischen Entwickler mit dem deutschen, weltweit agierenden Logistiker kam im Juni 2021 zu Stande. Damals machte ein Vorführmodell im Rahmen einer Road Show bei potentiellen Kunden in Frankreich, Spanien, Großbritannien und Deutschland Halt – auch bei DB Schenker. „Es war absolut erstaunlich, den Volta Truck live zu erleben. Das Fahrzeug wurde mit der Idee entworfen, sich wirklich darauf zu konzentrieren, was das Beste für Lkw-Fahrer ist“, begeisterte sich Christian Drenthen, DB Schenker-Vorstand für Landtransport. 

Damit könne der Logistiker den eigenen CO2-Fußabdruck reduzieren. Der Logistik-Dienstleister war bereits Mitglied der EV100-Initiative der Climate Group geworden. Diese fordert von seinen Mitgliedern, bis 2030 alle besessenen oder genutzten Fahrzeuge bis 7.5 t Nutzlast auf Elektroantrieb umzustellen, also auf Batterie- oder Brennstoffzellenbetrieb. Auch solle bis 2030 eine entsprechende Lade-Infrastruktur für Beschäftigte und Kundschaft eingerichtet werden. 

Zwar hatte DB Schenker schon seit 2018 in Berlin Lkw mit Elektroantrieb getestet. 2020 orderte der Logistiker für seinen ein Jahr zuvor gegründeten Oslo City Hub elf Volvo FL electric-Trucks mit Elektroantrieb. Die 16-Tonner werden mit Strom aus erneuerbarem Wasserkraftstrom gespeist und erlauben somit einen komplett emissionsneutralen Betrieb. Im selben Jahr stockte das Unternehmen seine Flotte von Fuso eCanter-7,49-Tonnern mit mindestens 100 Kilometern Reichweite auf 41 Fahrzeuge auf. Doch die jetzt platzierte Rahmenbestellung von bis zu 1.470 Fahrzeugen ist sowohl für den Käufer als auch für den Konstrukteur die bei weitem größte E-Lkw-Bestellung ihrer Geschichte.   

Win-Win für Steyr Automotive

Auch wenn ein konkreter Lieferplan mit Stückzahlen und Daten bislang nicht mitgeteilt wurde, war beim Entwicklungs-Startup Volta klar: Der Aufbau einer eigenen neuen Fabrik für die Produktion ist zu zeit- und finanzaufwändig und mit Risiken behaftet. Deshalb rief Volta Trucks eine europaweite Ausschreibung für potentielle Zulieferer aus. Sieger war Steyr Automotive. Es handelt sich um das vormalige Unternehmen MAN Steyr (MAN Truck & Bus GesmbH), das die traditionsreiche Lkw-Produktion des Standorts Steyr fortführte und erst 1990 zu MAN gekommen war. Inhaber des Werks wurde der österreichische Unternehmer und frühere CEO von Magna International Siegfried Wolf über seine WSA Beteiligungs GmbH.

Auf diesem Areal von Steyr Automotive soll der Volta Zero gebaut werden. Bild: Steyr Automotive

Festgelegt wurde, dass in Steyr noch bis 2023 Lkw für oder im Auftrag von MAN gebaut werden. Danach verlagert der Konzern seine Produktion von Steyr in das polnische Kraków/Krakau. So ist die Auftragsvergabe von Volta an Steyr Automotive ein Win-Win-Case. Die Oberösterreicher haben einen Anschlussauftrag für die Zeit nach der MAN-Produktion. Volta Trucks profitiert von der enormen Erfahrung in Steyr im Nutzfahrzeugbau sowie der bereits vorhandenen Fertigungsinfrastruktur. So sollte eine schnelle Markteinführung der E-Lkw möglich sein. Bereits Ende 2022 soll deren Serienproduktion anlaufen. Erhofft wird die Schaffung von bis zu 500 Arbeitsplätzen in der Region sowie schätzungsweise 2000 weiteren Stellen in der Lieferkette.

„Das Besondere am Volta Truck ist das Design“, unterstreichen die Entwickler. Das stimmt. Die Frontkabine ist seitlich bis fast zum Fahrzeugboden umglast, ganz wie bei einem Straßenbus. Damit haben Fahrer*innen ein weites 220-Grad-Sichtfeld und keine Angst vor toten Winkeln – ganz ohne zusätzliche Seitenspiegel. Sie sitzen in einer mittigen Fahrposition mit einer viel niedrigeren Sitzhöhe als bei herkömmlichen Nutzfahrzeugen. Auch das soll zur Sicherheit beitragen. Möglich wird diese konstruktive Extravaganz, weil – so betonen es die Verantwortlichen bei Volta Trucks – die Fahrzeuge von vornherein auf Elektroantrieb konstruiert wurden. So sitzen Motor und Getriebe an der Hinterachse. Volta verweist auch auf die günstigen Betriebskosten ihrer Fahrzeuge im Vergleich zu herkömmlichen Dieseltrucks: Ein Volta Zero hat 90 Prozent weniger mechanische Teile als ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

DB Schenker erklärte ohne Einzelheiten, die neuen E-Lkw sollten zunächst an zehn Standorten in fünf Ländern eingesetzt werden. Volta-CEO Essa Al-Saleh freut sich auf die kommende Zeit: „Die Zusammenarbeit mit DB Schenker bei Europas größtem vollelektrischen Lkw-Auftrag zeigt das Vertrauen großer Frachtverteiler in unsere Fähigkeit, ein emissionsfreies Fahrzeug der Weltklasse termingerecht und in höchster Qualität zu liefern.“

Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur

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